Der Hypnotiseur by Lars Kepler

Der Hypnotiseur by Lars Kepler

Autor:Lars Kepler
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kriminalroman
ISBN: 9783785724262
Herausgeber: Verlagsgruppe Luebbe GmbH Co KG


Der Schlüssel steckt im Schloss des Aktenschranks, und die Holzlamellen verschieben sich geschmeidig, als Erik die Rolltür nach unten lässt und seine Suche beginnt. Hier muss es irgendwo etwas geben, denkt er. Ich weiß genau, dass ich hier etwas über Eva Blau habe.

Wenn seine Patienten aus irgendeinem Grund anders agieren als erwartet, wenn sie aus dem Rahmen ihres Zustands heraustreten, verwahrt er das Material über sie in diesem Schrank, bis er gelernt hat, die Abweichungen in ihrem Verhalten zu verstehen.

Dabei kann es sich um eine Notiz handeln, eine Beobachtung oder einen vergessenen Gegenstand. Er räumt Papiere, Collegeblöcke, Zettel und Quittungen mit Notizen fort, stößt auf vergilbte Fotos in einer Plastikmappe, eine externe Festplatte und einige Tagebücher aus einer Zeit, in der er an völlige Offenheit zwischen Arzt und Patient glaubte, und ein Bild, das ein traumatisiertes Kind eines Nachts gezeichnet hatte. Mehrere Musik- und Videokassetten von den Vorlesungen im Institut. Ein Buch von Hermann Broch mit zahlreichen Unterstreichungen. Eriks Hände halten inne. Es kribbelt in den Fingerspitzen. Um eine VHS-Kassette ist mit einem braunen Gummring ein Blatt Papier geschlungen. Auf dem Rücken des Bands steht bloß: Erik Maria Bark, Aufnahme 14. Er zieht das Blatt heraus, winkelt die Lampe an und erkennt seine Handschrift: Verwunschenes Schloss.

Ein eiskalter Schauer läuft ihm den Rücken und die Arme hinunter. Die Nackenhaare sträuben sich, und er hört plötzlich seine Armbanduhr ticken. Sein Herz rast, er muss sich setzen. Mit zittrigen Händen greift er nach dem Telefon, ruft den Hausmeister an und bittet darum, einen Videorekorder aufs Zimmer gebracht zu bekommen. Mit bleischweren Füßen geht er zum Fenster, hebt die Lamellen der Jalousie an und betrachtet die feuchte Schneedecke im Innenhof. Schwere Flocken schweben schräg und langsam durch die Luft, landen auf seiner Fensterscheibe, verlieren ihre Farbe und schmelzen. Er sagt sich, dass es wahrscheinlich nur Zufälle, seltsame Übereinstimmungen sind, begreift jedoch gleichzeitig, dass einige Puzzleteile vermutlich zusammenpassen werden.

Verwunschenes Schloss, diese beiden Wörter auf einem Blatt Papier haben genügend Kraft, um ihn in die Vergangenheit zu katapultieren. In die Zeit, in der er noch hypnotisierte. Er weiß, dass er widerwillig zu einem dunklen Fenster gehen muss, um zu sehen, was sich hinter den Spiegelungen und Reflexen verbirgt, die seither von der Zeit geschaffen worden sind.

Der Hausmeister klopft leise an. Erik öffnet ihm, bestätigt die Bestellung und rollt anschließend den Wagen mit dem Fernseher und dem seltsam altmodisch aussehenden Videorekorder herein.

Er legt die Kassette ein, löscht das Licht und setzt sich.

»Das hier hätte ich fast vergessen«, sagt er zu sich selbst und richtet die Fernbedienung auf den Apparat.

Das Bild flimmert, und es rauscht und knistert eine Weile, aber dann hört er seine Stimme. Er klingt erkältet, als er ohne einen Hauch von Enthusiasmus Ort, Datum und Uhrzeit herunterleiert und abschließend bemerkt:

»Wir haben eine kurze Pause gemacht, befinden uns aber noch in einem posthypnotischen Zustand.«

Mehr als zehn Jahre sind seither vergangen, denkt er und sieht, wie das Stativ der Kamera höher gestellt wird. Das Bild wackelt und kommt dann zur Ruhe. Das Objektiv ist auf einen Halbkreis von Stühlen gerichtet.



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